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 1.2 Einführung Ton

1.2 Einführung Ton

Die erste Tonaufnahme, die Edison in eine um einen Zylinder gewickelte Stanniolfolie presste, liess sich nur wenige Male abspielen, dann war sie gelöscht. Diese Vergänglichkeit haftet dem Tondokument bis heute als Fluch – oder Segen – an: Auch die nach Edison erfundenen Aufzeichnungstechniken, magnetisch auf Draht oder Tonband, mechanisch auf Zylinder oder Platten, liessen sich nie ohne Abnutzung des Trägers abspielen.

Die Erfinder der Compact Disc gaukelten uns zunächst vor, sie hätten den ewigen Tonträger erschaffen. Zwar ist die im Plattengeschäft gekaufte CD relativ stabil, wenn sie keinen Fabrikationsfehler aufweist; aber die Industrie arbeitet fieberhaft an neuen Systemen, welche die CD und die Geräte, mit denen wir sie anhören können, so bald als möglich ablösen sollten. Die Hersteller haben uns auch die beschreibbare CD beschieden, deren Instabilität den früheren beschreibbaren Plattenmedien vergleichbar ist; fatalerweise wird sie bis heute als archivtauglicher Tonträger betrachtet.

Mit der Vermarktung der Musikkassette fand ab 1965 ein eigentlicher Boom der Tonaufnahme sowohl im privaten wie im öffentlichen Bereich statt. Von diesen leider auch nicht archivtauglichen Aufnahmen dürften sich noch Millionen erhalten haben. Die meisten werden über kurz oder lang nicht mehr lesbar sein. Mit der Einführung der Digitaltechnik ging das individuelle Aufnehmen von Tönen zunächst zurück, bis die Technologie wieder allgemein zugänglich wurde, allerdings in Formaten und in einer Qualität, die sich nicht für die Langzeiterhaltung eignen.

Der Archivar, die Bibliothekarin und andere Personen, die für Tonarchive verantwortlich sind, stehen also vor einer Vielzahl von Problemen. Diese Empfehlungen wollen helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen, und wollen darüber informieren, was die nicht spezialisierte Person selber tun kann und was sie den Spezialisten überlassen sollte. Auch wollen sie eine Orientierungshilfe bei der Bewertung von Angeboten privater Unternehmen im Bereich der Digitalisierung geben.

Im Gegensatz zum Video sind wir beim Ton in der glücklichen Lage, über ein international standardisiertes Format für die digitale Speicherung zu verfügen. Probleme bietet dagegen die Aufbewahrung dieser recht grossen Datenmengen und ihre Vermittlung an die Nutzerinnen und Nutzer. Hier fehlt es noch an Infrastrukturen und Kompetenzen, da der Investitionsbedarf für geeignete Einrichtungen sehr hoch ist. Die internationale Gemeinschaft der Tonarchivare hat sich aber auch diesem Problem angenommen (Bradley et al., 2007).

Aufgrund der raschen Entwicklung der zum Speichern von Audioinformationen eingesetzten Techniken und Mittel muss der Schutz von Audiodokumenten in einem neuen Licht betrachtet werden. Da in den letzten Jahren die Aufnahme digitaler Dokumente in audiovisuelle Archive stark zugenommen hat, stellen sich neue Herausforderungen.

Die Kapitel mit tonspezifischen Themen gehen sowohl auf analoge Tonträger wie auf die Verarbeitung von digital verfügbaren Informationen ein. Dabei steht das Ziel im Vordergrund, den Verlust von Informationen zu verhindern, die auf Datenträgern, wie zum Beispiel MiniDisc, DAT, CD oder DVD, gespeichert sind. Auch bei den jüngeren Dokumenten, die bereits original in digitaler Form vorliegen, stellt sich dieselbe Problematik: Wie kann die Beständigkeit dieser Daten garantiert werden? Ein weiteres Kapitel widmet sich der Reproduktion der analogen Musikkassette (MC), die, obwohl kein professioneller Tonträger, in den Archiven weit verbreitet ist.

Wenn Informationen bereits in digitaler Form vorliegen, müssen sie nicht «digitalisiert» werden. Hierbei handelt es sich um einen Begriff, der selbst in der Welt der audiovisuellen Archive häufig falsch verwendet wird. Tatsächlich wird eine Audio Compact Disc nicht digitalisiert, sondern es wird das digitale Signal aus der CD ausgelesen, wobei äusserste Sorgfalt darauf verwendet wird, die Integrität dieser Daten zu prüfen ohne die ursprünglichen Parameter zu verändern. Nicht zu vergessen ist die Thematik der Mehrspurformate sowie der Umgang mit Audiofiles in der archivarischen Praxis. Besonderes Augenmerk gilt den «born digital»-Dokumenten. Das entsprechende Kapitel befasst sich vertieft mit der Ethik bei der Archivierung von Audiofiles. U. a. wird darin beschrieben, was bei der Konversion von Formaten zu beachten ist und es befasst sich mit der Frage, wie mit Originalen und Kopien im digitalen Zeitalter umzugehen ist. Diese Themen sind, trotz aller technischen Fortschritte, zentral für eine glaubwürdige und nachhaltige Erhaltungspolitik, der sich Memoriav verpflichtet fühlt. Dazu gehört auch der Erhalt der ursprünglichen Metadaten.

Die Informationsquellen sind im Wesentlichen die gleichen wie im Referenzwerk. Die International Association of Sound and Audiovisual Archives (IASA) ist durch ihre Forschungsarbeit und ihre verschiedenen Arbeitsgruppen nach wie vor eine diesbezügliche Referenzinstitution. Jedoch findet man erstaunlicherweise auch weniger konventionelle Informationsquellen, beispielsweise Lehrveranstaltungen an Universitäten, in denen sehr interessante Untersuchungen auf diesem Gebiet angestellt werden. Andererseits können die von den Herstellern selbst festgelegten Normen nicht ausser Acht gelassen werden. Sie stellen weiterhin eine grundlegende Quelle dar, auch wenn die Gebühren für die Beschaffung dieser Art von Dokumenten etwas unverhältnismässig sind und die in diesen Werken verwendete Terminologie sich eher an Chemiker, Mathematiker oder spezialisierte Informatiker richtet.

Bibliografie

  • Bradley, Kevin: Risks Associated with the Use of Recordable CDs and DVDs as Reliable Storage Media in Archival Collections – Strategies and Alternatives. Memory of the World Programme, Sub-Committee on Technology. National Library of Australia, Canberra, 2006.

Letzte Anpassung: Juli 2021



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