Ein neuer Blick auf die Fotografie-Beschreibungen im Kontext der digitalisierten Welt
Auch wenn das SEPIADES-Schema (2003) nach wie vor als Massstab für die Katalogisierung und Inventarisierung von Fotobeständen gilt, so wird es doch nicht so umfassend umgesetzt und angewendet, wie zu hoffen stand. Die Institutionen tun sich schwer, ihre lange Beschreibungstradition mit den neuen Standards zu verbinden. Wie soll es ihnen da gelingen, etwas zu beschreiben, bei dem das Medium nicht der Hauptinformationsträger ist? Der Druck auf die Institutionen, ihr visuelles Erbe über Portale digital zur Verfügung zu stellen, steigt auf ganz neue Art und Weise. Welchen Erschliessungsansatz soll man vor diesem Hintergrund für die Fotografien wählen?
Abgesehen von hochspezialisierten Institutionen, ist die Erschliessung selten auf Fotografien ausgerichtet. Sie erfolgt ganz allgemein und notwendigerweise im Kontext derjenigen Institution, in der die jeweiligen Fotografien untergebracht sind: Darum steht die Tradition der jeweiligen Institution im Vordergrund und nicht das Medium selbst. Es ist also schwierig, Fotografien nach anderen Vorgaben zu beschreiben als den intern üblichen, und das ist auch legitim.
Doch in den Zeiten des Internets, des Austauschs von Metadaten auf nationalen und internationalen Portalen und des RDF (Resource Description Framework) erscheint eine auf die Institutionen beschränkte Erschliessung von Fotografien nicht mehr angebracht und wird mittelfristig sowieso veralten. Es ist heutzutage nicht mehr möglich, die doch beträchtliche Arbeit, die in die Erschliessung von Fotografien investiert werden muss, nur dem internen Gebrauch vorzubehalten. Sie muss in einen umfangreicheren Kontext gestellt werden, der über die rein standortgebundene Nutzung der Angaben hinausweist. Die Erschliessung muss also mit anderen Erschliessungsmasken kompatibel sein und einen universell gültigen Charakter besitzen, genauer gesagt, es geht hier um die Interoperabilität.
Von SEPIADES natürlich einmal abgesehen, sind die aktuellen Standards so vielfältig (Metadata Universe), dass man Mühe hat, die einen mehr zu empfehlen als die anderen. Ein pragmatischerer Ansatz geht davon aus, dass keine Norm per se schlecht ist, sofern sie uns die Möglichkeit verschafft, eine Fotografie insgesamt und einschliesslich ihrer Kontextinformationen zu beschreiben und sofern sie sich für eine Konvertierung und für die Erstellung von Schnittstellen (Crosswalks) eignet. Dieses Konzept erfordert jedoch die Festlegung von Mindestanforderungen an die Beschreibung, die Angaben über die Fotografie, den Fotografen, den Kontext sowie die damit verbundenen Rechte enthalten muss:
Pflichtkomponenten einer Fotoerschliessung |
Signatur/Aktenzeichen |
Titel |
Inhalt |
Urheber, Schöpfer, Fotograf |
Zeitraum, Daten |
Personen |
Land, Ort |
Format, Abmessungen |
Umfang |
Bildstatus (Originalabzug, Kopie) |
Typ, Verfahren, Technik |
Rechte |
Zugriffsbedingungen |
Beschreibungsebene (Sparte, Kollektion, Bestand, Unter-Bestand, Bilderserie, Akte, Unterakte, Dokument) |
Diese Bausteine müssen natürlich durch die üblichen Elemente wie Standort, Referenzen, frühere Signaturen usw. ergänzt werden.
In jedem Fall ist der wichtigste Faktor einer guten Erschliessung, dass sie konsistent ist und dabei ist manchmal weniger mehr. Dies gilt es vor allem beim Titel und dem Inhalt zu beachten. Detaillierte Bildbeschreibungen sind zeitaufwendig und können manchmal zu tieferen Trefferquoten bei der Suche führen, wenn z. B. statt Flugzeug, Boeing 777 steht. Das Führen eines Thesaurus wird in den unterschiedlichen Institutionen verschieden gehandhabt, ist es für Bibliotheken eine Selbstverständlichkeit –sie arbeiten meist mit einem normierten Thesaurus –, so sind Thesauri bei den Archiven oft unüblich. Wenn ein Thesaurus angelegt wird, so muss er über alle Bestände hin einsetzbar sein und gepflegt werden, daher ist es empfehlenswert, mit wenigen Stichworten zu arbeiten.
Bestimmte Grundnormen garantieren eine gewisse Kontinuität und echte Interoperabilität. Eine ist beispielsweise der archivische Kommunikationsstandard EAD (Encoded Archival Description). Dieser Standard wurde 2002 auf der Grundlage des ISAD(G)-Standards entwickelt und richtet sich an Archive. Er wurde also an die Beschreibung unterschiedlicher Informationsträger angepasst, wie man sie in Archiven findet, und eignet sich somit auch für Fotografien. Der EAD-Standard umfasst künftig auch Schnittstellen zu USMARC, Dublin Core und ISAD(G). Im Rahmen des APEx-Projekts (Exzellenz-Netzwerk) des Archivportals Europa (Archives Portal Europe -APE) wurde ein Data Preparation Tool (Datenaufbereitungstool) bereitgestellt, mit dem sich die EAD-Metadaten in das EDM-Format (Europeana Data Model) von Europeana umwandeln lassen.
Das Kompatibilitätspotenzial des Erschliessungsstandards ist also Voraussetzung für den Zugriff auf die erschlossene Fotografie und stellt deshalb den Schlüssel für die Verbreitung des fotografischen Erbes dar. Wer glaubt, die Fragen der Erschliessung seien endgültig gelöst, hat sich wohl getäuscht: Die neuen Informationstechnologien zwingen uns heute, die geleistete Arbeit in Frage zu stellen und uns erneut ans Werk zu machen.
Bibliografie und Links (Standards)
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Gregorio, Sergio; Stepanovic, Anja-Elenea: Metadaten bei stehenden digitalen Bildern / Directives de la PBC concernant les métadonnées des images fixes numériques. BABS, KGS 2008: Guidelines Nr. 3/2008. Online, Stand: 22.2.2022
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APEx-Projekt (Archives Portal Europe network of excellence). Online, Stand: 22.2.2022
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APEx Local Data Preparation Tool. Online, Stand: 22.2.2022
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Archivportal Europa. Online, Stand: 22.2.2022
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Dublin Core. Online, Stand: 22.2.2022
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EAD (Encoded Archival Description). Online, Stand: 22.2.2022
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EAD Schnittstellen. Online, Stand: 22.2.2022
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EDM (European Data Model). Online, Stand: 22.2.2022
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Europeana. Online, Stand: 22.2.2022
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ISAD(G)-Standards. Online, Stand: 22.2.2022
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MARC Standards. Online, Stand: 22.2.2022
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Metada Universe. Online, Stand: 22.2.2022
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SEPIADES-Schema (2003). Online, Stand: 22.2.2022
Letzte Anpassung: Oktober 2017