Memoriav setzt sich für die Erhaltung und die Verbreitung unseres filmischen Kulturgutes nach methodologischen Standards ein, die dem Respekt vor Geschichte und Ethik unterworfen sind und die Bewahrung der entsprechenden Dokumente regeln. Wer historische Filme samt der ihnen eigenen Identität vollständig und bestmöglich erhalten und zeigen will, muss auch den Zustand (oder die Zustände), in dem sie ursprünglich verbreitet wurden, erhalten. Dies setzt jedoch die Einführung von Mindestanforderungen voraus, die alle an ihrer Übertragung Beteiligten anerkennen.
In Anbetracht der allgemeinen Verbreitung digitaler Datenträger und der neuen, die diese auf frühere kinematografischen Quellen erzeugen, ist eine genaue Bestimmung dieser Anforderungen heute dringender denn je. Einerseits hat das allmähliche Verschwinden der analogen Filmprojektion zur Folge, dass Filme aus über hundert Produktionsjahren auf ihren ursprünglichen Bildträgern nach und nach unzugänglich werden. Andererseits stehen immer mehr digitale Werkzeuge zur Verfügung, mit denen sich die Werke «verbessern» lassen, und zwar weit über die zur Zeit ihres Entstehens vorhandenen Möglichkeiten hinaus, was zu Veränderungen und Verzerrungen des ursprünglichen Charakters der Filme führen kann.
Aufgrund dieser Situation müssen klare Richtlinien für jeden Digitalisierungs- und Restaurierungsvorgang eingeführt werden, die festlegen, wie die langfristige Bewahrung des filmischen Erbes sichergestellt und gleichzeitig seine Verbreitung in der Gegenwart ermöglicht werden kann.
Restaurierung und Digitalisierung
Wir unterscheiden zwei Fälle:
a) Filme und Tonträger, deren Erhaltung bedroht ist.
b) Filme, deren Erhaltung zwar gesichert ist, die aber nicht mehr gezeigt werden können, weil dazu die technische Infrastruktur fehlt.
Fälle, in denen die Erhaltung filmischer Bild- und tonträger bedroht ist.
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Nitratfilme
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Farbfilme
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Im Zerfall befindliche Filme (alle Träger: Azetatfilme, Magnetbänder usw.).
Wenn man eine langfristige Erhaltung solcher Filme sicherstellen will, ist nach unserem aktuellen Kenntnisstand und mit den derzeit verfügbaren Mitteln eine fotochemische oder digitale/fotochemische Restaurierung die beste Lösung.
a) Fotochemische Erhaltung
Für eine fotochemische Erhaltung kommen zwei Strategien in Betracht:
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Eine einfache Notfallmassnahme:
Ist der Film nur als Negativ erhalten, wird ein separates Interpositiv von Bild und Ton hergestellt. ist eine Kopie vorhanden, wird davon ein separates Internegativ von Bild und Ton hergestellt sowie eine Kopie. Das Internegativ gewährleistet eine maximale Erhaltung der fotografischen Qualität, die betreffende Kopie dokumentiert die Lichtbestimmung. -
Vollständige Restaurierung:
Herstellung von intermediären Elementen, soweit möglich, im selben Format wie das Original. Herstellung einer lichtbestimmten Kopie. Die Lichtbestimmung ist Teil der bewussten Entscheidungen oder Herstellungsbedingungen des Films und muss sich nach einem Vorbild aus der jeweiligen Entstehungszeit richten, sofern dieses noch existiert.
Erst wenn ein intermediäres Element und eine lichtbestimmte Kopie erstellt wurden, sehen wir die Erhaltungsmaterialien als vollständig an. ihre Bewahrung hängt jedoch auch noch von der korrekten Einlagerung ab. Filmmaterialien müssen nämlich stets in einem geeigneten Umfeld gelagert werden, das den geltenden Normen entspricht.
Siehe dafür: https://www.imagepermanenceinstitute.org/webfm_send/301
Generell gilt, dass eine Absenkung der Temperatur und eine konstante Luftfeuchtigkeit (von unter 50% ) der Erhaltung solcher Dokumente zuträglich sind.
b) Digitale/Fotochemische Restaurierung
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Farbfilme
Bei Farbfilmen ist eine digitale Restaurierung besonders empfehlenswert.
Die Lichtbestimmung sollte sich möglichst immer nach einem Vorbild aus der jeweiligen Entstehungszeit richten. Wenn noch Daten der historischen Lichtbestimmung vorhanden sind, werden diese als allgemeiner Bezugs-rahmen herangezogen. Jede neue Lichtbestimmung muss dokumentiert werden.
Für die Ausbelichtung digitaler Daten auf Film werden die lichtbestimmten Bilddateien verwendet, wobei die besonderen Eigenschaften des Originalmaterials respektiert werden müssen. -
Schwarz-Weiss-Filme
Für Schwarz-Weiss-Filme empfehlen wir, je nach Situation, der fotochemischen Erhaltung den Vorzug zu geben, um die Charakteristika des Originals besser überliefern zu können, weil seine materiellen Elemente kostbare Informationen über die Produktionsbedingungen enthalten. eine digitale Zwischenspeicherung ohne Rücktransfer auf Filmmaterial stellt in diesem Sinne kein Erhaltungselement dar.
Die Lichtbestimmung sollte sich möglichst immer nach einem Vorbild aus der jeweiligen Entstehungszeit richten. Wenn noch Daten der historischen Lichtbestimmung vorhanden sind, werden diese als allgemeiner Bezugsrahmen herangezogen. Jede neue Lichtbestimmung muss dokumentiert werden.
Mindestanforderungen für die Digitalisierung (für mehr Details, siehe unten)
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Für 16-mm-Negativfilme oder Farbumkehrfilme: 2K-Scan (2048)
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Für 16-mm-Positivfilme: HD-Standard (1920)
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Für 35-mm-Negativfilme, CRI-Filme, Internegativ- oder Interpositivfilme: 4K-rGB-Scan (4096 × 2160)
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Für 35-mm-Positivfilme: 2K-Scan (Minimum)
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Für den Ton: eine nicht-komprimierte 24-Bit-Datei des Typs .bwf oder .wav (48 oder 96 KHz).
c) Erhaltung der Elemente
Die fotochemischen Originale sowie die neuen Objekte müssen korrekt verpackt und in einem geeigneten Umfeld gelagert werden. Dafür gelten die folgenden Standards: https://www.imagepermanenceinstitute.org/webfm_send/301
Die Erhaltung eines Films setzt die Erhaltung der originale (Negativfilme, Intermediates und zeitgenössische Kopien) zwingend voraus. Diese physischen Bildträger enthalten nämlich eine Vielzahl wichtiger Informationen, die bei der Übertragung oder Vervielfältigung verloren gehen könnten. Die digitalen Elemente müssen in angemessener Weise abgespeichert und aufbewahrt werden. Bisher garantiert noch kein Datenträger die langfristige Erhaltung digitaler Daten.
Ersatzweise empfehlen wir die Aufbewahrung in einer Container-Datei auf LTO-Band, auf dem folgende Elemente im Format .Tar oder .LTFS enthalten sind:
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Dateien des Typs .dpx (12 bit log oder 10 bit log [REC 709]) oder .tiff-Dateien (16 bit lin), die direkt aus dem Scan hervorgegangen sind;
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aus der Restaurierung und Lichtbestimmung hervorgehende Dateien des Typs .dpx;
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unverschlüsselte DCDM- und DCP-Dateien.
Für jedes der oben beschriebenen Elemente müssen zwei LTOs hergestellt und an zwei geografisch unterschiedlichen Orten aufbewahrt werden. Die LTOs sind regelmässig zu kontrollieren. Die mit der Erhaltung beauftragte Einrichtung muss einen Plan erstellen, der alle zwei Bandgenerationen eine Migration der Daten gewährleistet.
Die Cinémathèque suisse muss LTOs im Format .TAR oder .lTFS erhalten, um deren Lagerung verwalten zu können. Wird das LTO nicht in der Cinémathèque suisse, sondern in einem anderen Archiv aufbewahrt, das ebenfalls fähig ist, digitale Daten zu archivieren, ist auch dort das Format .TAR oder .lTFS zu verwenden.
Fälle, in denen die Erhaltung der Originalträger zwar gesichert ist, aber ein Mittel zur Verbreitung fehlt.
35-mm-Filme ohne brauchbare Projektionskopie, 16-mm-Filme und andere gängige Schmalfilmformate:
Nur in diesen Fällen ist eine neue Kopie zu erstellen. Diese muss so lichtbestimmt und restauriert werden, dass die Kopie den Zustand des Originalfilms bei seiner ursprünglichen Verbreitung so genau wie möglich wiedergibt. Soweit vorhanden, sollte eine Kopie aus der jeweiligen Entstehungszeit als Vorbild dienen. Andernfalls wird eine neue Lichtbestimmung erstellt und entsprechend dokumentiert.
Mindestempfehlungen für die Digitalisierung:
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Für 16-mm-Negativfilme oder Farbumkehrfilme: 2K-Scan
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Für 16-mm-Positivfilme: HD-Standard (1920)
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Für 35-mm-Negativfilme, CRI, Internegativ- oder Interpositivfilme: 4K-rGB-Scan (4096 × 2160)
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Für 35-mm-Positivfilme: 2K-Scan
Aufbewahrung:
Die digitalen Elemente müssen in angemessener Weise abgespeichert und aufbewahrt werden.
Wir empfehlen die Aufbewahrung in einer Container-Datei auf LTO-Band, auf dem folgende Elemente im Format .TAR oder .lTFS enthalten sind:
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Dateien des Typs .dpx (12 bit log oder 10 bit log [REC 709]) oder .tiff-Dateien (16 bit lin), die direkt aus dem Scan hervorgegangen sind;
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aus der Restaurierung und Lichtbestimmung hervorgehende Dateien des Typs .dpx;
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unverschlüsselte DCDM- und DCP-Dateien.
Für jedes der oben beschriebenen Elemente müssen zwei LTOs hergestellt und an zwei geografisch unterschiedlichen Orten aufbewahrt werden. Die LTOs sind regelmässig zu kontrollieren. Die mit der Erhaltung beauftragte Einrichtung muss einen Plan erstellen, der alle zwei Bandgenerationen eine Migration der Daten gewährleistet.
Die Cinémathèque suisse muss LTOs im Format .TAR oder .lTFS erhalten, um deren Lagerung verwalten zu können. Wird das LTO nicht in der Cinémathèque suisse, sondern in einem anderen Archiv aufbewahrt, das ebenfalls fähig ist digitale Daten zu archivieren, ist auch dort das Format .TAR oder .lTFS zu verwenden.
Die fotochemischen originale sind korrekt zu verpacken und in einem geeigneten Umfeld zu lagern.
Dafür gelten die folgenden Standards: https://www.imagepermanenceinstitute.org/webfm_send/301
Digitalisierung im Archivbereich
Ein Archiv kann grundsätzlich Medien aus allen Arbeitsschritten der Produktion erhalten (siehe Visualisierungen in Abb. 1 und 2). Die Elemente können rein analog, rein digital oder gemischt sein.
In einem Digitalisierungsprozess wird ein analoges audiovisuelles Medium wie z. B. ein Film oder ein Video digitalisiert, bearbeitet und dann einer Verwendung zugeführt. Aus verschiedenen Gründen (siehe unten) sollte dabei das analoge (oder auch digitale) «Original» weiterhin archiviert bleiben.
Digitale Konservierung/Restaurierung vs. Digitale Postproduktion
Die Arbeitsmethoden sind bei Konservierung und Postproduktion grundsätzlich ähnlich, jedoch sind die Ausrichtung und entsprechend die Ansprüche sehr unterschiedlich. Die Postproduktion findet unter der Voraussetzung kreativer Freiheit statt und technisch liegt der Fokus auf aktuell gebräuchlichen und für die aktuelle Produktion geeigneten Formaten. Die Konservierung/Restaurierung hingegen beruht auf berufsethischen Prinzipien, die den Bearbeitungen einen engen Rahmen setzen, der Fokus liegt auf langfristig nutzbaren Formaten. Die Ausgangslage ist also grundlegend verschieden, weshalb sich die Wahl der Methoden und verwendeten Dateiformate auch unterscheiden kann. Und nicht jede digitale Überarbeitung eines älteren Films bringt daher eine restaurierte Fassung im engeren Sinn hervor; für eine solche müssten die erwähnten ethischen Prinzipien befolgt worden sein.
In der Zusammenarbeit zwischen Dienstleistenden aus dem Bereich der Postproduktion und Archivverantwortlichen sind also die Klärung der Vorgaben sowie die Einigung auf eine gemeinsame, klare Terminologie wichtig, weil oft in den beiden Bereichen derselbe Begriff für unterschiedliche Dinge verwendet wird (und umgekehrt).
Film von der Aufnahme bis zur Archivierung
Filmton
Die Wahrnehmung im Bereich der Filmrestaurierung ist oft auf das Bild fokussiert und der Ton spielt eine Nebenrolle, obwohl Film selbst zu Zeiten des «Stummfilms» nie ohne begleitenden Ton präsentiert wurde und die ständige Weiterentwicklung der Filmvertonung bis hin zu digitalen Mehrkanal-Tonsystemen in modernen Kinos signifikant zur Steigerung des Kinoerlebnisses beigetragen hat.
Auch bei der Erhaltung von Film wird der Ton meist eher als Nebensache behandelt. Die Tatsache, dass es Filmtonspuren in ganz unterschiedlichen technischen Varianten gibt und verschiedenste proprietäre Mehrkanaltonsysteme existieren, stellen jedoch eine Herausforderung für die Erhaltung dar. Auch die Sicherstellung der Synchronität von Bild und Ton ist nicht immer einfach.
Synchronität des Tons beim klassischen Kinofilm
Für die technische Herausforderung des synchronen Abspielens von Bild und Ton existieren grundsätzlich zwei Lösungsansätze:
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Der Ton wird als Tonspur auf den Filmstreifen parallel zum Bild aufgebracht, und von einem Tonkopf gelesen, der sich in einem definierten Abstand zum Bildfenster befindet. Dieser Versatz von Bild und Ton ist für Filmformate standardisiert.
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Der Ton befindet sich auf einem separaten Träger und das Abspielgerät wird mechanisch oder via ein Steuerungssignal mit dem Projektor gekoppelt.
Für beide Varianten existieren digitale und analoge Lösungen, welche auf optischen oder magnetischen Trägern gespeichert sind. Auf den Film belichtete und optisch gelesene Tonspuren sind bei Projektionsformaten am häufigsten. Auf modernen Filmkopien mit digitalen optischen Mehrkanaltonspuren wurde meist zusätzlich eine analoge Tonspur aufgebracht (zumeist Dolby SR) um bei einer Störung des digitalen Systems auf den analogen Ton zurückgreifen zu können und um die Kopie auch in einem Saal projizieren zu können, die kein Dolby Digital besitzt. Auf modernem Tonfilm sind also oft mehrere Tonspuren zu finden. Digitaler Filmton wurde jedoch nur bei 35-mm-Film und breiteren Formaten verwendet, er kommt bei 16-mm-Film und schmaleren Formaten nicht vor. Der Ton von Schmalfilmen ist fast in jeden Fall in Mono. 2-Kanal Stereoton ist nur bei Schmalfilm mit zwei Commag-Magnettonspuren zu finden. Es gibt 16-mm-Filme, die sowohl eine optische als auch eine magnetische Tonspur aufweisen. Das Format wurde von Kodak für die Unterhaltungssysteme in Flugzeugen entwickelt («In-flight Entertainment») und wurde in der Schweiz auch rege benutzt, z. B. vom SSVK (Schweizer Schul- und Volkskino) und vom TCS.
Bei Commag-Kopien wird ein dünnes Magnetband auf den Film aufgeklebt. Diese Spur befindet sich am Rand des Filmstreifens und ist einfach durch seine braune Farbe erkennbar. Da der Film beim Transport im Projektor auf den Kanten aufliegt und das Aufkleben des Magnetbandes den Film einseitig dicker macht, wurde bei gewissen Schmalfilmformaten eine sogenannte Ausgleichsspur eingeführt. Eine meist schmalere zweite Spur auf der anderen Seite des Films, welche die Lage des Filmstreifens auskorrigiert. Gewisse Anbieter führten dann die Option ein, auf diese Spur ebenfalls Ton aufzunehmen. Die zusätzliche Spur wurde entweder als zweite Monospur (z. B. Spur 1: Sprache, Spur 2: Musik) oder als eine von zwei Stereospuren verwendet.
Normalisierung von Tonspuren für die digitale Archivierung
Oft sind als Ausgangselemente für die digitale Archivierung nur Projektionselemente der Tonspuren vorhanden oder Elemente der Postproduktion, welche die Endmischung des Tons enthalten. Ziel der Normalisierung dieser Tonelemente zu Erhaltungszwecken ist es, eine Serie von getrennten, den ursprünglichen Kanälen zugeordneten, unkomprimierten oder verlustfrei komprimierten Audiospuren zu erhalten, die in der Länge genau dem zugehörigen Bildelement entsprechen. Dafür müssen die proprietären Systeme dekodiert und verlustbehaftet komprimierte in für die Archivierung geeignete Dateiformate transcodiert werden.
Abb. 3 zeigt eine Übersicht der Arbeitsschritte von den wichtigsten Projektionsformaten zu Elementen der digitalen Archivierung. Proprietäre Formate müssen dekodiert werden, und bei Mehrkanalsystemen muss für jeden Kanal eine unkomprimierte oder verlustfrei komprimierte Tondatei erstellt werden. Dabei muss die Information zur Synchronisierung untereinander und mit dem Bild erhalten bleiben.
Digitalisierung von analogen optischen Tonspuren
Für die Digitalisierung von optischem Ton stehen zwei grundsätzlich verschiedene Strategien zur Auswahl:
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Der Ton wird mit dem dafür vorgesehenen Tonkopf gelesen. Dabei sollte unbedingt beachtet werden, dass mit einem moderneren Tonkopf nicht unbedingt bessere Ergebnisse erzielt werden. Es gibt viele verschiedene Varianten von analogen optischen Tonspuren und es ist generell davon auszugehen, dass die besten Ergebnisse mit einem zeitgenössischen Lesekopf erzielt werden. Dabei geht es nicht nur um das Vermeiden von Qualitätsmängeln wie Verzerrungen, sondern auch um den Erhalt der ursprünglichen Charakteristiken des Tons.
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Ein Ansatz, der aufgrund verbesserter Computerleistung in den letzten Jahren stark weiterentwickelt werden konnte und gute Ergebnisse liefert, ist das Scannen der optischen Tonspur als Bild. Das digitalisierte Bild wird rechnerisch in den Ton umgewandelt. Ein wichtiger Vorteil dieses Verfahren ist, dass das Bild der Tonspur digital restauriert werden kann und so viele Störgeräusche schon vor der Umwandlung in den digitalen Ton entfernt werden können.
Digitalisierung von analogen magnetischen Tonspuren
Da dasselbe Trägermaterial verwendet wird wie für den Film ist die Problematik des chemischen Zerfalls dieselbe. Sepmags auf Zelluloseazetatbasis droht das Essigsäuresyndrom, während Polyester viel stabiler ist. Erfahrungswerte haben gezeigt, dass die Präsenz des Eisenoxids einen negativen Einfluss auf den Zustand hat und das Essigsäuresyndrom fördert. Dies ist auch der Fall, wenn ein Tonelement auf Polyesterträger zusammen mit einem Filmelement auf Zelluloseazetatbasis in derselben Filmdose aufbewahrt wird. Magnettonelemente sollten also immer getrennt von Bildelementen aufbewahrt werden. Dies ist natürlich für Commags nicht möglich, da der Tonstreifen untrennbar auf dem Film aufgeklebt ist. Für solche Fälle ist die Kontrolle der klimatischen Lagerbedingungen die einzige Möglichkeit, den Zerfall zu verlangsamen. ( IASA TC-04 )
Wahl der Tonspur für die Digitalisierung
Wenn verschiedene Elemente mit derselben Tonspur für die digitale Erhaltung zur Verfügung stehen, können folgende Empfehlungen als Wegweiser zur Wahl des geeigneten Elements für die Digitalisierung dienen. Es handelt sich um generalisierte Einschätzungen der Qualitätseigenschaften, welche wegen allfälliger Erhaltungsschäden immer im Einzelfall zu überprüfen sind. Auch sind Tests durchzuführen, um Klarheit über das Element mit der besten Qualität zu schaffen. Bei den angegebenen Beispielen wird ausserdem davon ausgegangen, dass es sich bei allen Elementen um dieselbe Endmischung der identischen Tonspur handelt.
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Liegen zwei analoge optische Tonelemente identischen Inhalts vor, wovon eines in einem schmaleren Filmformat (z. B. 16 mm) und ein anderes in einem breiteren Filmformat (z. B. 35 mm) vorhanden ist, so ist das breitere Filmformat zu bevorzugen.
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Generell ist die Qualität von Magnettonspuren wesentlich besser als von optischen Tonspuren, die eine begrenzteren Frequenzumfang haben. Eine Tonspur als Sepmag oder Commag ist also der optischen Variante zu bevorzugen.
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Liegt eine Vertonung komplett als getrennte einzelne Spuren auf Sepmag aus der Postproduktion vor, so lässt sich mit digitalen Mitteln die finale Mischung in sehr guter Qualität reproduzieren. So eine Rekonstruktion ist jedoch aufwändig und muss, wenn immer möglich, mittels einer bestehenden Tonspur mit der Endmischung als Referenz hergestellt werden.
Zusätzliche Bemerkungen zur Filmdigitalisierung
Es existieren spezifische Besonderheiten des Films, die man während der Digitalisierung beachten muss, um ein möglichst originalgetreues Digitalisat zu erzeugen. Das setzt u. a. eine breite Kenntnis der Aufnahme-, Produktions- und Vorführtechnik voraus. Sechs Aspekte werden hier kurz erläutert.
Unterschiedliche Arten von 35-mm-Filmen sind in den Seitenverhältnissen 1,33 oder 1,37 gedreht worden (Bildverhältnis des Kameranegativs). Von den 1970er- bis 1990er- Jahre wurden 35-mm-Filme im Seitenverhältnis 1,37 oder 1,66 gedreht, aber oftmals ausschliesslich im Seitenverhältnis 1,66 projiziert und ausgewertet. Es ist wünschenswert, dass sowohl die Negative, die Intermediates als auch die Vorführkopien im originalen Seitenverhältnis erhalten werden. Sonst wird ein Teil der Geschichte für zukünftige Generationen verzerrt.
Es existieren auch im analogen Filmbereich unterschiedliche «Farbräume». Diese sind abhängig von den unterschiedlichen chemischen Farbprozessen, die im Laufe der Entwicklung des Farbenfilms verwendet wurden. Als Beispiel soll hier das Kodachrome-Umkehrmaterial erwähnt werden, das zwischen 1935 und 2009 produziert und sehr häufig bei Schmalfilmen eingesetzt wurde. Es deckt ein anderes Farbspektrum ab als beispielsweise Eastman-Color- oder Fujicolor- Filmmaterial. Die unterschiedlichen Farbräume der Filme müssen beim Prozess der Digitalisierung berücksichtigt werden, um diese digital adäquat abbilden zu können.
Als Leuchtmittel im Projektor wurden früher in den Kinos vorwiegend Kohlenbogenlampen eingesetzt. Diese wurden in den 1960er-Jahren durch Xenonlampen ersetzt, die auch bei den heute eingesetzten digitalen Kinoprojektoren gebräuchlich sind. Letztere haben eine kältere Lichttemperatur, ergeben in der Projektion also ein blaueres Bild. Dieser Unterschied ist besonders ersichtlich bei eingefärbten Stummfilmen, die auf die Projektion mit Kohlenbogenlicht ausgerichtet waren. Diesem Umstand ist bei der Lichtbestimmung von Vorführelementen Rechnung zu tragen.
Im Schmalfilm gibt es nichts, was es nicht gibt! Amateure und Experimentalfilmer haben ständig neue Lösungen gesucht und es wimmelt von technischen Besonderheiten, die es zu verstehen gilt, um eine adäquate Digitalisierung überhaupt möglich zu machen.
Lichtton ist eine Technik der Tonaufzeichnung und -wiedergabe mittels einer optisch lesbaren Tonspur. Es gibt den klassischen Lichtton in Mono und verschiedene Stereo- und Mehrkanaltonverfahren, darunter auch einige digitale. Analogen Mono-Lichtton kann man nicht korrekt mit Hilfe eines Stereo-Lesekopfs digitalisieren. Besonders bei der einseitigen Zackenschrift tritt eine starke Verzerrung auf, weil die Tonspur und der Lesekopf nicht übereinstimmen.
Für die Digitalisierung von Magnetbändern aus der Filmproduktion sind spezielle Aufnahme- und Abspielgeräte nötig. Um ein möglichst gutes Digitalisat zu erhalten, muss im Gegensatz zu einer optischen Abtastung eines optischen Tons der Lesekopf auf dem Magnetstreifen aufliegen. Dies bedeutet einerseits eine zusätzliche mechanische Belastung bei jedem Lesevorgang und andererseits, dass Zerfallsprozesse, die das Tonband physisch deformieren, einen grossen Einfluss auf die Qualität des Lesevorgangs haben können.
Die Antwort auf die Frage, welcher Bereich des Filmstreifens in der Projektion auf der Leinwand abgebildet werden soll, erscheint zunächst banal. Aufgrund der Vielfalt der existierenden Projektionsformate sowie technischen Begleiterscheinungen der Filmproduktion wird die Sache jedoch komplexer als gedacht. Bei analogem Video und deren Wiedergabe auf Monitoren war die Vielfalt an Optionen kleiner als beim Film, aber die Sache wurde durch die Einführung von digitalem Video und der Möglichkeit, Video heute mittels Playern auf Monitoren, aber auch auf dem Computer anzuschauen, sehr komplex. Die Komplexität ergibt sich einerseits aus der Vielfalt der Formate und Seitenverhältnisse der Bilder, aber auch durch die Tatsache, dass auf Monitoren und in der Filmprojektion auch bei normaler Wiedergabe nicht die gesamte Bildfläche zu sehen ist. Film und Video sind durch die Möglichkeiten des Transfers miteinander verquickt. Soll ein Film abgetastet und im Fernsehen oder in digitaler Kinoprojektion gezeigt werden, so muss in jedem Schritt der Bearbeitung in Betracht gezogen werden, welcher Ausschnitt des Bildbereichs schlussendlich für den Zuschauer sichtbar sein wird. Dieselbe Frage stellt sich bei einer Abtastung aus Erhaltungszwecken.
Formatempfehlungen für Filme
Die Digitalisierung von Film für Archivzwecke bedeutet nicht nur einen Transfer in die digitale Domäne des Bildbereichs, sondern des Filmelements als Objekt. Dies bedeutet, dass neben der Bildinformation in ausreichender Auflösung auch die weiteren aufbelichteten Informationen und physischen Eigenschaften als Metadaten dokumentiert und mit überliefert werden müssen.
Grundsätzlich gilt, dass zumindest der ganze Bildbereich als Bildinformation digitalisiert werden soll. Wird nur ein Ausschnitt abgetastet oder umkopiert, so gehen Bildinformationen verloren und die Ästhetik des Werks nimmt Schaden. Wird ein beschnittener Bildbereich umkopiert oder abgetastet, so ist das am neuen Filmelement oder am Digitalisat nicht ohne weiteres erkennbar. Bei Titelkarten wie sie hauptsächlich im Stummfilm verwendet wurden ist die falsche Wahl des Filmformats speziell gut sichtbar (siehe Abb. 4).
Bei digitalen Projektionselementen sollte im Gegensatz zum Rohscan der Ausschnitt des Bildbereichs sichtbar sein, der einer analogen Projektion entspricht. Da der Beschnitt in der analogen Projektion aber nicht genau definiert ist, muss letztendlich von Fall zu Fall entschieden werden, um wieviel genau beschnitten wird.
Es muss ausserdem beachtet werden, dass der Bildbereich grösser sein kann, als das von den Urhebern angestrebte Filmformat vorsieht. Die Aufnahme von Filmbildern in der Kamera geschieht ähnlich der Projektion: Der unbelichtete Film bewegt sich durch den Filmkanal und wird abhängig von Grösse und Position des Bildfensters in der Kamera belichtet. Je nach Kameratyp ist dieses Bildfenster unterschiedlich geformt und kann eine grössere Fläche des Films belichten als durch die Formatstandards definiert ist (siehe Abb. 5). Es gibt auch Bildfenster, die neben dem Bildbereich bestimmte Formen aufbelichten, was die verwendete Kamera anhand des belichteten Films identifizierbar macht.
Des weiteren werden bei der Herstellung des Filmmaterials im Randbereich Informationen aufbelichtet, die ebenfalls bei der Entwicklung sichtbar werden. Das können Informationen zu Hersteller und Emulsionstyp sein oder sogenannte Edge Codes, welche Informationen wie Herstellungsort und -jahr des Filmmaterials preisgeben. Abb. 6 zeigt anhand eines Beispiels, welche Informationen aus dem Randbereich von Film gewonnen werden können. Zu sehen ist ein Ausschnitt eines mit Randbereich gescannten Films, der Informationen zu Emulsionstyp, Produktionsland und -datum der Emulsion sowie verwendeter Kamera enthält. Die sichtbaren Perforationen geben ausserdem Auskunft darüber, um was für einen Filmtyp es sich handelt (in diesem Fall um einen 16-mm-Film ohne Tonspur).
Diese Informationen müssen als Metadaten mit der Bild- und der Toninformation überliefert werden, um sowohl das Ausgangsmaterial als auch Informationen zum Prozess der Digitalisierung für spätere Forschung bereitzuhalten. Als Alternative bietet es sich an, in der Abtastung nicht nur die Bildfläche zu digitalisieren, sondern die ganze Breite des Filmstreifens («edge-to-edge» Digitalisierung). Damit wird jegliche im Durchlicht sichtbare Metainformation des Filmes gesichert. Dies ist nicht mit allen auf dem Markt erhältlichen Scannern möglich; es ist sogar vielmehr so, dass die meisten Scanner den Film nicht in voller Breite abtasten können. Je nach Modell beschränkt sich der maximal abtastbare Bereich ausschliesslich auf den Bildbereich oder auf einen etwas grösseren Bereich, weshalb man in diesem Fall von Overscan spricht.
Die Abtastung der vollen Filmbreite bringt jedoch auch Nachteile mit sich: Ein beträchtlicher Teil der Auflösung des Sensors wird für den Randbereich aufgewendet und auf den Bildbereich entfällt nur der restliche Teil der Auflösung. Bei einer Abtastung in 2K wird beispielsweise die Auflösung des Filmbildes lediglich etwa 1.5K betragen.
Link zu Abb. 7 fasst die Vor- und Nachteile der verschiedenen Abtastmethoden zusammen.
Je nach Form und Auflösung des Sensors sowie der Treibersoftware bieten Scanner unterschiedliche Optionen betreffend Seitenverhältnis, Auflösung sowie Ausschnitt des Filmstreifens an. Die klassischen Auflösungen von Filmabtastungen von 2048 × 1536 Pixel für 2K und 4096 × 3072 Pixel für 4K im Seitenverhältnis 4:3, verlieren für Rohscans immer mehr an Bedeutung. Die meisten Scanner bieten das Ausspielen der Bilder in diesen Auflösungen an, was aber schon eine Skalierung bedeutet, wenn der Sensor nicht der ausgespielten Auflösung entspricht.
Mit Ausnahme von 16-mm-Negativ- und Umkehrfilmen kann für Schmalfilme die Digitalisierung in HD-Auflösung empfohlen werden, die heute relativ kostengünstig ausgeführt werden kann; idealerweise stellt man uncompressed-Dateien in HD 1080p mit Farbraum Y′CBCR 4:2:2 und Farbtiefe 10 bit her. Dies entspricht den heutigen Ansprüchen für die professionelle Produktion und darf für die Archivierung als zukunftssicher gelten.
Der Bildbereich im 4:3 Seitenverhältnis des 16-mm-Films sollte im 16:9 Seitenverhältnis des HD-Bildes eine Auflösung von 1440 × 1080 Pixeln erhalten. Wird «edge-to-edge» gescannt, so bedeckt die Information des Randbereichs entsprechend Pixel auf beiden Seiten des HD-Bildes, welche im Falle einer Abtastung, die sich auf den Bildbereich des Films beschränkt, als schwarze Flächen in Erscheinung treten.
Es ist zu beachten, dass eine unkomprimierte Abtastung in HD grosse Datenmengen erzeugt, die beträchtliche wiederkehrende Kosten für die Datenpflege mit sich bringen.
Für 16-mm-Negativ- und Umkehrmaterial ist die HD-Qualität nicht empfehlenswert. Die Digitalisierung sollte so ausgeführt werden, dass für den Bildbereich mind. eine Auflösung von 2K im Seitenverhältnis 4:3 zur Verfügung steht, mit Farbraum RGB 4:4:4 und einer Farbtiefe von 10 oder 12 bit logarithmisch oder 16 bit linear. Dieser Prozess ist heute jedoch wesentlich teurer als die Digitalisierung in HD und auch die Datenpflege ist aufgrund der noch grösseren Menge aufwändiger.
Für hochqualitative Abtastungen sind heute DPX- oder TIFF-Einzelbilddateien (in Folder, MXF oder TAR) weit verbreitet und entsprechen einem Industriestandard; als Alternative dazu wären die Videodateien FFV1 in MKV oder JPEG 2000 in MXF zu empfehlen. [Siehe Kapitel Digitalisierung von Video]
35-mm-Positivkopien erfordern eine Abtastung, die zumindest 2K-Auflösung für den Bildbereich zur Verfügung stellt und für 35-mm-Negative wird 4K oder mehr empfohlen. Höhere Auflösungen und grössere Farbtiefe sind je nach dem zwar wünschenswert, kommen heute aber wegen der hohen Kosten nur in Ausnahmefällen in Betracht (z. B. bei besonders wertvollen Elementen oder Kameranegativen).
Letzte Anpassung: November 2019