Geschichten um sprechende Dosen, Säulen oder Bleiröhren gehen bis weit ins Altertum zurück; und schon in der Renaissance haben sich Philosophen und Wissenschaftler mit Versuchen beschäftigt, den Ton festzuhalten. Im 19. Jahrhundert haben sich zahlreiche Techniker und Erfinder mit der Aufzeichnung und Wiedergabe von Tönen beschäftigt. Im Jahre 1877dann stellte Thomas Alva Edison (1847–1931) seine sprechende Maschine, den Phonographen vor und 1887 liess Emil Berliner (1851–1929) seine Aufnahme- und Abspielapparatur für die Schallplatte patentieren. Ab diesem Zeitpunkt begann ein Aufschwung und Siegeszug des Tonträgers, der bis heute anhält. In der Zwischenzeit haben sich die Aufnahme- und Wiedergabetechniken, die Tonträger, die Tonqualität usw. immer wieder verändert und weiterentwickelt. Viele davon waren nur kurzlebig und obwohl für die Benutzung ideal und qualitativ überzeugend verschwanden sie nach kurzer Zeit wieder vom Markt. Vor allem die 40er- und 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts brachten jede Menge neuer Techniken und Formate hervor. Der Wechsel wurde immer schneller und mit der Entstehung der File-Formate geht die Geschichte der Tonaufnahme und-wiedergabe in eine neue Ära.
Inhaltliche Unterscheidung von Tonaufnahmen
Der Gebrauch von Tondokumenten hat sich im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts stark verändert. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg war der Umgang mit Tonaufnahmen ausserhalb der professionellen Bereiche des Radios, der Tonträgerindustrie und gewisser Wissenschaftszweige noch nicht Allgemeingut. Dies änderte sich mit dem Wirtschaftswunder der 1950er Jahre, als die Schallplattenindustrie die Kaufkraft der jugendlichen Käuferschichten entdeckte. Neue Möglichkeiten ergaben sich dann in den 60er Jahren, als zuerst die Tonaufnahme auf 4-Spur-Magnetband und seit 1963 auf Kassette auch für Amateure erschwinglich wurden.
Industrietonträger – Massenware oder Rarität?
Für Erhalt und Zugang ist zu unterscheiden zwischen Aufnahmen, welche kommerziell vervielfältigt und veröffentlicht wurden (Industrietonträger), und solchen, die zu verschiedenen Zwecken als Unika aufgenommen wurden (Eigenaufnahmen). Industrietonträger wie Schallplatten und CDs haben bessere Überlebenschancen, weil sie in grossen Auflagen und aus stabilem Material hergestellt wurden. Ältere Produkte der Schallplattenindustrie können aber zu Raritäten werden. So wurden viele 78 T Platten entsorgt oder sind in prekärem Zustand. Für Schallplatten gibt es international eine grosse Privatsammlerszene sowie auch kommerzielle Anbieter. Selten sind auch Aufnahmen in Kleinstauflagen von lokalen Musikereignissen mit Amateurmusikern. Sie können in öffentlichen Archiven, aber auch z. B. in Betriebsarchiven erhalten sein. Einzigartig ist auch der im Jahr 2000 gemachte Fund von über 900 Platten im Archiv der Basler Mission. Es handelt sich um populäre Tanzmusik aus Ghana und Nigeria der 30er- bis 50er-Jahre. Ein Grossteil dieser Platten waren nie veröffentlichte Te stpressungen.
Unveröffentlichte Aufnahmen
Unikate (Eigenaufnahmen), meist auf instabilem Trägermaterial aufgenommen, haben unterschiedliche Tonqualitäten. Vor dem 2. Weltkrieg auf Zylindern oder Platten in verschiedensten Materialien geschnitten, ab Mitte der 50er-Jahre in der Regel auf Magnetband. Verschiedenste Geschwindigkeiten und Spurlagen sowie schlechte Bandqualität (Langspielband) gefährden auch diese Aufnahmen, besonders wenn sie aus dem Amateurbereich stammen. Auch die Musikkassette hat sich wegen mechanischer Probleme und schlechter Bandqualität als instabil erwiesen. Im digitalen Zeitalter behindern Datenreduktion (z. B. MiniDisc und MP3) sowie die rasch wechselnden Formate die Arbeit des Archivierens.
Das Radio als Spiegel des öffentlichen Interesses
Die Radiostudios haben fast alle denkbaren Inhalte gesammelt. Ihnen ist gemeinsam, dass sie archiviert wurden, um sie bei der Produktion von Sendungen wiederzuverwerten und auf diese Weise zeitverschobenes Senden zu ermöglichen. Es wurden flexiblere und attraktivere Programme möglich und das Sammeln von «Originaltönen» berühmter Personen und Ereignisse erhöhte die Attraktivität des Radios. Die Geräuschsammlungen dokumentieren oft Arbeiten oder Maschinen längst vergangener Zeiten. Selbstverständlich lagern in den Radios auch riesige Mengen von Industrietonträgern. Die verschiedenen Archive der SRG repräsentieren zusammen das grösste Tonarchiv der Schweiz.
Wissenschaftliche Sammlungen
Ganz anders sind die inhaltlichen Schwerpunkte der wissenschaftlichen Sammlungen. Sie sind oft thematisch angelegt. So sammelt das Phonogrammarchiv der Universität Zürich Aufnahmen zur Erforschung von Schweizer Dialekten, oder die Gesellschaft für die Volksmusik kümmert sich um Tondokumente der musikethnologischen Feldforschung. Solche Aufnahmen waren nicht für die Veröffentlichung bestimmt, sondern als Quelle für weitergehende Forschungen, die dann schriftlich publiziert wurden. Erst viele Jahre später stellen wir fest, wie wichtig sie in einem neuen Kontext sind.
Die Demokratisierung der Tonaufnahme
Eine weitere Gattung von Tonaufnahmen sind via private oder institutionelle Sammlungen in öffentliche Bibliotheken gelangt. Da seit den 60er-Jahren die Tonaufnahme auch für Laien machbar und erschwinglich geworden war, erschlossen sich neue Nutzerkreise, wie soziale Bewegungen, die damals neue Technik, um ihre Tätigkeit zu dokumentieren. Beispielsweise lagern im Schweizerischen Sozialarchiv mehrere Tausend Aufnahmen, welche die Geschichte von sogenannten NGOs dokumentieren: z. B. der Frauenbewegung FraP!, die als basisdemokratische Organisation die parlamentarische Arbeit mit der ausserparlamentarischen Frauenbewegung verband. Auch Kongresse von Verbänden und Gewerkschaften oder Radiomitschnitte zu entwicklungspolitischen Themen sind dort vorhanden. Grosse Bestände von Tonaufnahmen lagern auch in Kantons- und Stadtbibliotheken. Sie haben meist lokalen oder regionalen Bezug. In der Stadtbibliothek von La Chaux-de-Fonds etwa, wo der Kanton Neuenburg eine audiovisuelle Sammlung unterhält, sind rund 1800 Aufnahmen der Konferenzen des Club 44 von 1944 bis heute gelagert. Sie sind Zeugnis einer lebhaften regionalen Diskussionskultur und gesellschaftlicher Veränderungen. In vielen Archiven der öffentlichen Verwaltung lagern Aufnahmen von Ratsdebatten und Reden prominenter Persönlichkeiten.
Eine Herausforderung für die Archive
All diese Bestände sind wichtige – oft die einzigen – Quellen für Forschung und Bildung. Sie dokumentieren soziale, wirtschaftliche oder politische Aspekte der Zeitgeschichte und sind Bestandteil unserer demokratischen Kultur. Für die Archive ist diese Gattung von Tondokumenten deshalb eine ganz besondere Herausforderung: Erhalt, Erschliessung und öffentlicher Zugang zu Abhörkopien setzen geeignete Infrastrukturen, kompetentes Personal und damit die nötigen finanziellen Mittel voraus. Nicht zu unterschätzen sind auch die Anforderungen an eine transparente Überlieferungsbildung für die Auswahl und Bewertung von Archivbeständen.
Kurzsteckbriefe von Tonträgern und Fileformaten
Nachfolgend sind die wichtigsten und bekanntesten Tonträger und Audiofileformate aufgeführt. Die Liste ist nicht ganz chronologisch, da etliche dieser Formate etwa zur gleichen Zeit erschienen. Auch deren Datierung kann variieren, je nachdem ob man die Erfindung, die Patentanmeldung oder die Markteinführung berücksichtigt. Da insbesondere im Bereich der Audiofileformate etliche Begriffe auftauchen die nicht zwingend selbsterklärend sind, verweisen wir auch auf das Glossar am Schluss dieser Publikation.
WachszylinderFoto: Schweizerische Nationalphonothek, Lugano
Der Phonograph, die von Edison im Jahre 1877 erfundene, sogenannte sprechende Maschine, gilt als eine der bedeutendsten Entwicklungen im Bereich der Tonwieder-gabe. Auf einem über einen Zylindergespannten Stanniolpapier konnten kurze Tiefenschrift-Aufnahmen gemacht werden. Chichester A. Bell und Charles Sumner Tainter ersetzten in den Jahren 1881–1886 das Stanniolpapier durch einen mit Wachsüberzogenen Kartonzylinder. Schlussendlich entwickelte Edison 1888 die endgültige Version des Phonographen. Das Modell besass einen Elektromotor und die Zylinder wurden zuerst aus Wachs, danach aus Schellackhergestellt. Der Zylinder wurde noch während Jahren in der wissenschaftlichen Forschung für Feldaufnahmen benutzt.
Wachsplatte
Es entstanden unzählige Mischformen, unter anderem auch dieses schöne Plattenexemplar. Wachsplatten wurden vor allem für gesprochene Aufnahmen verwendet. Sie wurden ebenfalls von der Wissenschaft für Feldaufnahmen benutzt.
Lioret-Zylinder
Henri Lioret (1848–1938), Uhrmacher von Beruf, konstruierte 1893 einen Zylinder aus Zelluloid, den er auf eine Armatur aus Messing montierte. Die Wahl des Zelluloids erwies sich als ideal für Aufnahmen im Direktschnitt-Verfahren oder zur Kopie von mehreren Zylindern ab einer Matrize. Die ersten Zylinder wurden ausschliesslich für sprechende Puppen hergestellt. Gegen Ende der 90er-Jahre vergrösserte Lioret jedoch seine Zylinder, was Aufnahmen eines erweiterten Repertoires ermöglichte. Die von Lioret patentierten Phonographen wurden auch Lioretgraphen genannt und funktionierten mit einer Uhrenmechanik. Sie wurden sowohl für privaten Gebrauch als auch für ein grosses Auditorium, aber auch zu Reklamezwecken hergestellt. Trotz der hohen klanglichen Qualität und der Stabilität des Materials verschwand Liorets Firma wegen der hohen Herstellungskosten 1904 vom Markt.
Schellackplatte – 78 Umdrehungen/Min.
Die Erfindung der Schallplatte verdanken wir dem Deutschen Emile Berliner. 1887 produzierte Berliner die ersten Grammophone, die eine Seitenschrift-Aufnahme auf eine Platte von 12 cm Durchmesser ermöglichten. 1898 begann die Deutsche Grammophongesellschaft die Serienproduktion und in wenigen Jahren eroberten Platten und Wachszylinder den Markt. Diese beiden Systeme existierten während mehreren Jahrzehnten nebeneinander, wenn auch mehrheitlich getrennt auf verschiedenen Anwendungsgebieten: Die Schallplatten wurden für die musikalische Wiedergabe vorgezogen, während die Zylinder vor allem als Tonträger für Diktaphone gebraucht wurden. Schellackplatten wurden bis ca. 1960 produziert, der Markt erlitt aber durch die Einführung der Langspielplatte (Vinylplatte) in den 50er-
Mitschnittplatte – Azetatplatte – Direktschnittplatte
Die Mitschnittplatte auch Azetatplatte genannt (im Englischen acetate oder lacquer-disc), mit 78 Umdrehungen/Min., spielte in der Geschichte der Tonwiedergabe eine äusserst wichtige Rolle. Der korrekte Begriff für diesen Tonträger ist eigentlich Direktschnittplatte. Er bezeichnet die Tatsache, dass der Ton ohne ein Zwischenformat direkt durch einen Schneidestichel (eine Art Nadel) in die formbare Schicht der Platte eingraviert wurde. Während vieler Jahre verwendeten Radiostudios in der ganzen Welt diese Art von Platten, um Stimmen, Geräusche und Musik für die Zukunft festzuhalten. Auch private Tonstudios und wissenschaftliche Institute benutzten diese Technik der Tonaufzeichnung, beispielsweise für die ethnologische Forschung. Direktschnittplatten wurden vor allem im professionellen Bereich der Tonaufzeichnung verwendet. Nach Erscheinen des Magnetbandes in den 1950er-Jahren, verlor die Direktschnittplatte schnell an Bedeutung.
Die Direktschnittplatte besass einen festen Kern (eine Scheibe aus Metall, Glas oder Fiberglas) sowie eine Lackschicht (Azetat, Nitrat), auf der die Rillen eingekerbt wurden. Die chemische Zusammensetzung der Lack-schicht veränderte sich über die Zeit stark. Die ersten Verfahren arbeiteten mit Schichten aus Wachs. Dieser wurde durch Zelluloseazetat und später durch Zellulosenitrat ersetzt. Immer waren auch diverse Hilfs-stoffe beteiligt. Alle diese komplexen Zusammensetzungen haben sich aber als fragil erwiesen. Die Tonträger zerfallen, lösen sich vom Träger, schrumpfen oder bekommen Risse. Wenn sie nicht mehr mit der Nadel abspielbar sind, können sie aber oft noch durch optische Verfahren ausgelesen werden. Beim VisualAudio-Verfahren der Schweizerischen Nationalphonothek wird eine hochaufgelöste Fotografie der Rille erstellt und später in Audiosignale umgewandelt. Andere Verfahren wie dasjenige der INA arbeiten mit hochfrequenten Videosignalen, welche die Rille der drehenden Platte abtasten. Weitere Informationen zur Geschichte und Technik der Direktschnittplatte finden sich in der Bibliographie am Schluss dieser Empfehlungen.
Metallplatte
Die Metallplatten aus Stahl oder Aluminiumwurden für den privaten Gebrauch hergestellt. Auf einfache Weise konnte man mit einem eigenen Phonographen Stimmenaufnehmen und wiedergeben. Metallplattenblättern nicht ab und verformen sich nicht; bei schlechter Lagerung besteht hingegen die Gefahr der Korrosion. Diese Plattenmüssen mit speziellen Nadeln aus Bambus, Hartholz oder Kaktus abgespielt werden, mit einer Stahlnadel würde die Rille beschädigt. Diese Art von Platten tragen Namen wie Egovox, Speak-O-Phone, Repeat-a-Voice, Remsen oder Kodisc.
Langspielplatte
Die ersten Versuche mit Platten von längerer Dauer machte man schon 1926 und 1931, aber ohne Erfolg. Die Vinyl-Platte mit 33¹/³U/min und langer Spieldauer (LP) wurde 1948 von Columbia vorgestellt. Ihre Widerstandsfähigkeit, die verlängerte Spieldauer dank Mikrorillen-Technik, die drastische Verringerung der Nebengeräusche und andere Vorteile, wurden zur Grundlage für den grossen Erfolg der LP. Der Technologie gelang im Jahre 1957 mit der ersten Stereo-Lang-spielplatte ein weiterer Erfolg. Mit dem Erscheinen der CD wurde die «schwarze Platte», vor allem was den westlichen Markt betrifft, in einen Randgruppen-Bereich verdrängt und wird heute hauptsächlich noch von Anhängern der analogen Aufnahme, von DJs und von Rappern benutzt.
Single – 45 Umdrehungen/Min
Der kleine Bruder der Langspielplatte, die Single mit 45 U/min, erschien ein Jahr später. 1949 wurden die ersten «Kleinen» auf den Markt gebracht und ihr grosser Erfolg garantierte der Schallplattenindustrie bald Millionenumsätze. Auf diesen beliebten Tonträgern wurden die erfolgreichsten Titel der bekanntesten Rockgruppen der Geschichte aufgenommen.
Tefifon – Band
Es handelt sich dabei um ein synthetisches Endlosband in einer Kassette. Es ist 16 mm breit mit 56 parallelen Rillen. Einerseits sollte das Band flexibel sein (zum Aufrollen), andererseits hart genug, um es mit einer Nadel lesen zu können. Bespielte Tefifon-Bänder wurden in den frühen 50er-Jahrenproduziert und erreichten eine Spieldauer von bis zu 240 Minuten. Das angebotene Repertoire bestand vor allem aus Unterhaltungsmusik. Das Tefifon hatte jedoch keinen Erfolg und verschwand in den 60er-Jahren wieder vom Markt
Schallbildkarte oder tönende Ansichtskarte
Bei den Schallbildkarten handelt es sich um ein Zusammenspiel der Medien Bild und Ton. Es sind Ansichtskarten, auf deren Vorderseite im plastifizierten Bild eine Klangrille eingeritzt ist. Sie enthalten meistens kurze musikalische Grüsse, Lieder, Märsche oder Glückwünsche. Bereits um 1900 bekannt, wurden sie anfänglich vor allem als Werbeträger verwendet. Die Schallbildkarte ist unter verschiedenen Namen bekannt, wie z. B. Musik-Postkarte, Schallplatten-Postkarte, Tonbild-Postkarte, Talking Postcard usw., in Frankreich war die Sonorine und in Italien die Carte Postale Parlante bekannt.
Philips-Miller
Dieser Tonträger wurde ab 1938 in der SRG eingesetzt. Eine lichtdichte Schicht auf einem durchsichtigen Film wurde durch einen Schneidestichel aus Saphir je nach Tonfrequenz verschieden breit geritzt. Die Aufzeichnung konnte im Gegensatz zum Tonfilm sofort, ohne chemischen Prozesswiedergegeben werden. Das 7 mm breite und ca. 300 Meter lange Band konnte15 Minuten Ton aufnehmen. Die Wiedergabeerfolgte durch eine Projektionslampe, die den lichtdurchlässigen Streifen auf eine Fotozelle projizierte. Letztere wandelte die Lichtimpulse in Strom und damit Tonsignale um. Das Verfahren war technisch hochstehend. Apparate und Film waren aber teuer und verschwanden um 1950, als das Tonband aufkam. Eine Auswahl von Aufnahmen wurde in den späten 50er-Jahren auf Ton-band kopiert.
Compact Disc (CD)
Die letzte grosse Revolution in der Schallplattenindustrie war die digitale Technik. Im Jahre 1982 erschien die erste Compact Disc (CD) von Philips, Sony und Polygram auf dem Markt. Dieser Tonträger, der durch seine Zuverlässigkeit, Einfachheit im Gebrauch und Reinheit des Tones besticht, ersetzte sehr schnell die traditionellen, analogen Tonträger. In den frühen 1990er Jahren, eroberte dann die aufnehmbare Variante der CD, die CD-R (Compact Disc Recordable) den Markt, danach kam die Massenproduktion von CD-RW (Compact Disc Re-Writable) und DVDs mitsamt den beschreibbaren R-Varianten und hoher Auflösung dazu, die auch für die getreue Tonwiedergabe (DVD-Audio, SuperAudio-CD) verwendet wurden. Später ergänzten und ersetzten weitere Formate die CD, wie z. B. die Blu-Ray-Disc. Der Absatz an CDs und CD-Rs ist seit längerem am Schrumpfen. Der Grund sind neue Formen der Distribution, des Konsums und des Speicherns von Musik und Unterhaltungsfilmen. Festspeicher wie SD-Karten und die rasch zunehmende Nutzung von Online-Diensten (Cloud), läuteten das langsame Ende der CD und der davon abgeleiteten Disc-Familie ein. Dazu kommt, dass die Hersteller von Unterhaltungselektronik und Computern schon seit einiger Zeit auf den Einbau von Laufwerken in den Geräten verzichten. Das Medium CD und seine Derivate muss deshalb als de facto obsolet angeschaut werden.
Laser Disc, LaserVision
Von Philips/PhonoGram 1971/1972 entwickeltes Bildplattensystem mit optisch abtastendem Laser und Stereoton. Es wurde aber erst Anfang der 80er-Jahre auf dem Markt eingeführt und fand Verwendung vor allem für die Aufzeichnung von Konzerten und Opern. Dieses Bildplattensystem ist auch unter den Bezeichnungen Laser Disc (Pioneer) und DiscoVision (MCA) bekannt. Das System hat sich jedoch nicht durchgesetzt und ist nach etwa zehn Jahren wieder vom Markt verschwunden.
Magnetischer Stahldraht
Eine etwas merkwürdige Variante der Ton-aufnahme war der Stahldraht. Im Jahre 1896, also vor über 100 Jahren, hat der dänische Ingenieur Waldemar Poulsen einen funktionierenden Apparat für magnetische Ton-aufzeichnung gebaut. Als Tonträger verwendete er einen auf eine Spule aufgerollten Stahldraht. Dieser Tonträger fand aber erst 40 Jahre später eine breitere Verwendung, vor allem in Deutschland und in Amerika. Er wurde vorzugsweise für Aufnahmen von Gesprochenem benutzt (Theater, Konferenzen).
Stahlband
Das Stahlband war seit Mitte der 30er-Jahre in der SRG im Einsatz. Es ermöglichte dem Radio zeitverschobene Sendungen. Auf dem Band von 3 mm Breite, 3 km Länge und 0,08 mm Dicke konnten durch Magnetisierung etwa 30 Minuten Ton festgehalten werden. Die magnetischen Eigenschaften des Bandes hielten sich aber nur einige Monate, danach begann die Tonqualität zu leiden. Deshalb und wegen dem hohen Gewicht und Preis der Spulen war es kein Archivmedium. Die Aufnahmen wurden nach der Sendung meist gelöscht, manchmal wurden aber Ausschnitte auf Direktschnittplatten kopiert.
Dimafon – Magnetplat
Das Wort ist ein Kürzel aus «Diktier-Magnetofon», ein mit Magnetton arbeitendes Diktiergerät, das in den 40er- und 50er-Jahrenverwendet wurde. Es handelt sich dabei um ein spiralförmig in eine Plastikplatte eingegossener Stahldraht. Es gab ein- und zweiseitig bespielbare feste Magnetplatten sowie flexible, einseitig bespielbare Folien. Nebst der Verwendung als Diktiergerät wurden diese Tonträger auch für Mitschnitte von Telefongesprächen, automatischen Ansagen oder Aufnahmen von Radiosendungen benutzt.
Magnetband (Tonband)
Das erste Magnetband wurde 1934 durch die BASF vorgestellt. Magnetbänder fanden eine breite Verwendung, sowohl im professionellen als auch im kommerziellen Bereich (beim Rundfunk und im Zusammen-hang mit Plattenaufnahmen). Die Möglichkeit im Studio vollständige Sendungen zusammenzustellen, indem Bänder, auch solche aus verschiedenen Quellen, geschnitten und zusammengesetzt werden, garantierte diesem Tonträger ab den 50er-Jahreneine weite Verbreitung vor allem im professionellen Bereich.
Kassette (MC)
Die Kassette war wohl für lange Zeit die demokratischste Ausdrucksweise der Musik-wiedergabe. In vielen Ländern, vor allem in der dritten Welt, war die Kassette noch lange Zeit einer der meist-verkauften Tonträger. 1963 brachte Philips die erste MC auf den Markt und schon ein Jahr später erschienen Kassetten im Handel. Musikkassetten hatten zwei nicht zu unterschätzende Vorteile: Einerseits die einfache Handhabung bei der Aufnahme, andererseits die niedrigen Kosten, dank denen es sich viele Menschen, auch aus ärmeren Schichten, leisten konnten, selbst Aufnahmen zu machen. Kassetten wurden in verschiedenen Spieldauern gefertigt; die gängigsten sind 60, 90 und 120 Minuten. Der praktische Tonträger spielte auch für die so genannten neuen sozialen Bewegungen der 1970er und 1980er Jahre eine wichtige Rolle: Es wurde möglich, kostengünstig Stimmen und Ereignisse festzuhalten, zu kopieren und weiterzugeben. So wurden Kassetten genutzt, um in kleinen Sendern Programme von Piratenradios zu verbreiten oder für Telefonzeitungen, welche schnelle Gegeninformation zu den damaligen Medien ermöglichten. Viele Tätigkeiten von Nichtregierungsorganisationen sind auf Kassetten dokumentiert und bereichern so die Quellen für die Zeitgeschichte. Für das Abspielen und Digitalisieren von Kassetten ist es wichtig, gute Geräte zu nutzen, welche es erlauben, das Gerät auf den jeweiligen Kassettentyp einzustellen (Eisenoxid, Chromdioxid, Ferrochrom etc.) sowie, falls nötig, Rauschunterdrückungsverfahren wie Dolby anzuwenden. Der Tonkopf sollte für die Justierung des Azimuths (Senkrechtstellung des Kopfes) zugänglich sein.
Diverse Musikstile fanden vor allem über die Kassette eine grössere Verbreitung, so etwa Hiphop (Mixtapes) und Indierock, die durch die Majors zunächst unbeachtet blieben. Über Kassette zu Kassette-Propaganda oder Kleinstlabels mit beschränktem Budget wurden die lokalen Szenen verbunden und erstmals globalisiert.
Stereo-8-Kassette
Die Stereo-8-Kassette entstand Ende der60er-Jahre. Die ersten Prototypen des «8-Track», so der ursprüngliche Name, wurden vom Amerikaner Lear gebaut und hatten schnell Erfolg, da sie leicht zu hand-haben und zu transportieren waren: Man konnte sie im Auto mit sich nehmen, an den Strand oder zu Freunden für eine Fest. Man benötigte dazu kein Gerät mit besonderen Funktionen wie Einstellung der Dreh-geschwindigkeit, Wahl der Spuren usw.
Digital Audio Tape (DAT)
Die DAT-Kassette erschien bei Sony erstmals1986. Es handelt sich dabei um digitale Tonträger, die vor allem im professionellen Bereich eingesetzt wurden. Das DAT ermöglicht Aufnahmen von der gleichen Qualität wie die CD; folglich wurde die DAT-Kassette auch häufig für die Zwischenstufen bei professionellen Produktionen eingesetzt. Im Archivbereich wurden die DAT-Kassetten als sichere und zuverlässige Tonträger für Sicherheitskopien verwendet, seit 2006 ist das DAT jedoch obsolet geworden. DAT-Kassetten waren in verschiedenen Formaten beschreibbar, vor allem auch in einem «Long-play»-Modus.
MiniDisc (MD)
Bei der MD handelt es sich um den Versuch, einen digitalen Ersatz für die Musikkassette zu finden. Dieser Tonträger ermöglicht die magnetisch-optische Aufnahme und Wiedergabe einer Tonquelle. Die Qualität ist jedoch weniger gut als diejenige der CD, wegen der Datenreduktion während der Aufnahme.
DCC
Die Digital Compact Cassette (DCC) war ein von Philips Anfangs der 1990er Jahre entwickeltes digitales, datenreduziertes Audio-Stereoformat, das mit dem Codec PASC arbeitete. Die Daten wurden auf eine Magnetband-Kassette aufgezeichnet welche rein äusserlich stark der «klassischen» analogen Kassette (MC) ähnelte. Die DCC-Geräte waren denn auch in der Lage analoge Kassetten (MC) wiederzugeben. Eigentlich hätte DCC die MC ersetzen sollen. Das Format konnte sich aber weder gegen das qualitativ hochwertige R-DAT durchsetzen noch gegen die MiniDisc des Konkurrenten Sony. So verschwand die DCC bereits nach wenigen Jahren vom stark umkämpften Markt, auf den sie viel zu spät drängte. DCC-Tapes sind ähnlich wie R-DAT-Kassetten zu behandeln; d. h. es ist darauf zu achten, dass allfällig vorhandene Metadaten und weitere mitgespeicherte Informationen nach Möglichkeit ebenfalls ausgelesen werden. Es gab übrigens einen DCC-Recorder, der eine Schnittstelle zu PCs hatte. Es dürfte allerdings schwierig sein, noch funktionierende DCC-Geräte zu finden, da das Format schon lange obsolet ist.
Briefträgerformate
Diverse Trägermedien, die für Audioaufnahmen genutzt wurden, dienten auch als Datenträger für Backups oder Archivkopien, weshalb Audiodaten auch als Datenfiles auf CD-Rs, DVDs, Blue-Rays und DAT-Kassetten gesichert wurden. Zum Einsatz kamen aber auch Träger aus der computergestützten Informationstechnik (IT) wie Disketten, Hard-discs, SSDs, sowie längst obsolete Medien wie Syquest-Platten oder Zip-Disks. Das Auslesen von Daten aus solchen Medien scheitert oft nicht nur an der Verfügbarkeit funktionierender Lesegeräte, sondern auch am Zustand der Träger oder an nicht mehr lesbaren Partitionsschemata. Für den Umgang mit Files aus solchen Briefträger-formaten für die Archivierung verweisen wir auch auf das Kapitel «born digital Dokumente.
Digitale Mehrspurbandformate
Ende der 80er Jahre entwickelten Sony und Studer mit DASH den ersten Standard für digitale Mehrspuraufnahmen auf Band. Die Zeit der digitalen Bandmaschinen ging aber bereits zwei Jahre später zu Ende, als der 1984 gegründete Hersteller Alesis zu einem Bruchteil des Preises einen digitalen 8-Spur-Rekorder vorstellte, der auf herkömmliche VHS-Kassetten aufnahm (ADAT). Andere Hersteller folgten dem Trend, woraus eine Vielzahl proprietärer Mehrspurformate entstand: z. B. Akai (ADAM), Tascam (DA-88), Studer (V-Eight). Mit der Umstellung auf filebasierte Produktion ausschliesslich im Rechner verschwanden alle diese Formate in den Nullerjahren. Zum Umgang mit solchen Formaten verweisen wir auch auf das Kapitel «Übertragung und Umcodierung von Tonauf-zeichnungen auf Audio- und Videokassetten und optischen Tonträgern in Dateien» und – was die archivethischen Aspekte betrifft – auf das Kapitel «born digital Dokumente».
Unkomprimierte bzw. nicht datenreduzierte (lineare) Audio-Fileformate:
Die Begriffe «komprimiert» und «datenreduziert» werden in der IT-Welt und auch in der Welt der Medien unterschiedlich eingesetzt. Memoriav benützt sie im Bereich Ton so wie sie sinngemäss auch von der IASA verwendet werden (siehe auch IASA TC 03, 4. Auflage 2017, S. 14 f.). D. h. wir verstehen unter «Datenkompression» verschiedene (Audio)codierverfahren, die ohne Datenverluste arbeiten (auch «lossless coding» genannt). Dies im Gegensatz zum Begriff der «Datenreduktion», welcher Verfahren bezeichnet, die in jedem Fall bei der Aufzeichnung bereits Daten unwiederbringlich wegrechnen («lossy coding»).
Es gibt nur eine relativ kleine Anzahl von linearen Audioformaten:
Wave: von IBM und Microsoft entwickelt, wird hauptsächlich in der Windows- Umgebung verwendet. Es ist eine Implementierung des RIFF-Containers (Resource Interchange File Format) und kann deshalb auch komprimierte bzw. daten-reduzierte Formate enthalten. Die Dateiendung ist .wav. In der Archivwelt enthalten Wave-Dateien meistens PCM-Daten, also lineare Daten (s. a. Glossar). Um sicherzustellen, dass bei einer Übernahme von Wave-Dateien in ein Langzeitarchiv wirklich PCM-Daten übernommen werden, empfiehlt Memoriav, die Eigenschaften der Dateien zu überprüfen (z. B. mit den Werkzeugen von Media Area ). Wave wird von Memoriav als Archivformat empfohlen (optional auch als Audioformat im BWF s. unten) – falls das Erstellen eines BWF möglich ist. S. a. die Empfehlungen der KOST .
BWAV oder BWF (Broadcast-Wave-Format): Erweiterung des Wave-Containers um dem zusätzlichen Bedarf an Metadaten in den Headern der Files von Rundfunkanstalten Rechnung zu tragen. BWF wird von breiten Kreisen, auch von Memoriav, für Audio-Archivierung mit linearen Wave-Audio-daten empfohlen.
AIFF (Audio Interchange File Format): von Apple entwickelt, meist lineares PCM (AIFF-C kann auch eine Reihe komprimierter Codecs enthalten).
SD2 (Sounddesigner2): Ursprünglich von Digidesign (heute Avid) für Protools entwickeltes Format.
AU: von SUN Microsystems entwickelt, ursprünglich der Standard auf Unix Systemen
Verlustbehaftete und verlustfrei komprimierte Fileformate
Unkomprimierte Audiofiles belegen im Vergleich zu datenreduzierten oder daten- komprimierten Audios relativ viel Speicher und brauchen viel Zeit für die Übermittlung. Mit dem Aufkommen des Internets wurden deshalb unzählige Methoden entwickelt, um die Filegrösse zu reduzieren. Die meisten davon sind rechtlich geschützt. Dies bedeutet, dass Encoder (Komprimierung) und Decoder (Dekomprimierung) mit Lizenzgebühren belegt sind und die Algorithmen zur Encodierung/Decodierung nicht frei zugänglich sind, was – neben technischen Gründen – komprimierte Fileformate für die Langzeitarchivierung verbietet. Es wird unterschieden in proprietäre und offene Formate.
Proprietäre Fileformate/Codecs
mp3 (Mpeg-1/Mpeg-2 Audio Layer III): unterstützt eine ganze Reihe von Bitraten, wobei der offizielle Standard eine maximale Bitrate von 320 kbit/s zulässt, was im Vergleich zu einem Stereofile in 16Bit/44.1 kHz (CD-Standard) einer Kompression von mindestens 1:4 entspricht. Gängige Bitraten für Gebrauchsmedien bewegen sich zwischen 128 und 256 kbit/s. Das in den 1980er Jahren entwickelte und in den 1990er Jahren auf den Markt gebrachte Format war lange mit Lizenzen belegt die nun – zumindest was das Fraunhofer Institut, also den «Erfinder» angeht – ausgelaufen sind, so dass mp3 bzw. sein offener Quellcode lizenzfrei genutzt werden darf.
AAC (Advanced Audio Coding): Weiterentwicklung des verlustbehafteten Kompressionsalgorithmus von mp3. Der Codec verspricht bei gleicher Filegrösse eine bessere Audioqualität.
WMA (Windows Media Audio): von Microsoft entwickelt und vor allem unter Windows eingesetzt, mit WMA-Lossless existiert auch ein verlustfreier Codec. Auf MacOS, iOS und Android, wird das Format nicht vom Betriebssystem unterstützt. Die Audioqualität des Codecs wird bei gleicher Bitrate zwischen mp3 und AAC eingeordnet.
Offene Fileformate (Open Source)
FLAC: der einzige Codec, der offiziell verlustfrei arbeitet. Die Kompression soll also nur auf der Datenebene passieren. FLAC wird als Open Source-Projekt der Xyph.org Foundation entwickelt. Versuche haben gezeigt, dass der Codec nur bis Level 5 tatsächlich verlustfrei arbeitet, dar- über (also bei stärkerer «Kompression») arbeitet auch dieser Codec verlustbehaftet. Trotzdem gibt es auch Gedächtnisinstitutionen, die FLAC als Codec, zusammen mit einem offenen Container wie etwa Matroska für Archivierungen empfehlen. Memoriav empfiehlt FLAC nicht für die Langzeitarchivierung, da das Codieren bzw. Decodieren erhöhte Rechenzeiten verlangt. Auch ist der «Spareffekt» an Speicherplatz und Kosten im Vergleich zu den Verwaltungskosten eines Archivs nicht sehr bedeutend.
Vorbis (Ogg): der Codec ist nicht proprietär und wird als Open Source-Projekt der Xyph.org Foundation entwickelt. Der Source-Code ist frei zugänglich und wird meist zusammen mit dem ebenfalls offenen Ogg-Container verwendet. Ursprünglich als Reaktion auf die Lizenzierung des mp3-Standards gestartet, erfreut sich der Codec einer grossen Beliebtheit bei Open Source Content Providern wie etwa Wikipedia. Auch Vorbis (Ogg) arbeitet ausschliesslich mit verlust- behafteter Datenkompression, also mit Datenreduktion.
Letzte Anpassung: Juli 2021