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8.2 Restaurierung von Tondokumenten

8.2 Restaurierung von Tondokumenten

Restaurieren defekter Klebstellen. Tonbänder wurden nach Produktion und Gebrauch im Ursprungszustand archiviert. Klebstellen, die sich durch die Alterung des Leims gelöst hatten, müssen repariert werden, damit die Bänder für die Digitalisierung einwandfrei abspielbar sind. Foto: Rudolf Müller

Der Begriff der Restaurierung wird im Bereich des Audiovisuellen zwar oft gebraucht, stützt sich aber nicht auf eine gefestigte Ethik oder Praxis. Memoriav unterscheidet bei der Restaurierung grundsätzlich in zwei verschiedene Ebenen. 1. In die physische Restaurierung des originalen Dokuments im Sinne einer Wiederherstellung und 2. In die klangtechnische Restaurierung eines Dokuments zwecks «Verbesserung» der Verständlichkeit bei der Verbreitung oder Veröffentlichung (Edition).

Audioträger benötigen vor dem Kopieren häufig eine physische Restaurierung, damit sie überhaupt abgespielt und in eine digitale «Masterkopie» übertragen werden können. Dies bedeutet beispielsweise, dass defekte Klebstellen ersetzt werden oder Platten fachgerecht gereinigt werden müssen. Es kann auch vorkommen, dass ganze Partien der Informationsschicht von Azetatplatten abgefallen sind und wieder auf den Träger aufgebracht werden müssen. Tonträger, die von bestimmten Syndromen befallen sind und nicht mehr kopiert werden können, müssen also wieder instand gesetzt werden. Beim anschliessenden Kopieren sind Veränderungen des Originalsignals strikt zu vermeiden.

Die Verbesserung der Tonqualität digitaler Kopien wird nicht selten ebenfalls als Restaurierung bezeichnet. So können heute Bandlaufschwankungen, Brummen, Rauschen, Knistern und Knacken analoger Tonträger oder Dropouts (fehlende Datenpakete) digitaler Kopien nach der Übertragung mit Software beseitigt oder entschärft werden, um den Inhalt verständlicher zu machen oder um eine Annäherung an das ursprünglich aufgenommene Signal zu erreichen. Solche Eingriffe könnte man auch als «technische» Restaurierung bezeichnen, im Gegensatz zu einer «gestalterischen» (künstlerischen) Restaurierung, die den eigentlichen Klang und seine «Farbe» betrifft. Letzteres bedeutet dann auch eine inhaltliche Veränderung. Für jede Form der Restaurierung bzw. Bearbeitung muss immer auf einer nicht bearbeiteten Kopie des digitalen Masters gearbeitet werden. Das bearbeitete File ersetzt auf keinen Fall die Originalkopien, sondern kann diese höchstens ergänzen. Alle (klang)technischen Eingriffe sind in den Metadaten zu dokumentieren, da sie eine Veränderung der Masterkopie darstellen. [Siehe auch Übertragung, Ethik und Grundsätze im Kapitel Digitalisierung von Tondokumenten].

Aus ethischen und technischen Gründen erfolgt die Übertragung eines analogen Tondokuments ohne Restaurierung, um durch eine möglichst komplette Signalextraktion möglichst nahe beim Original zu bleiben. Bearbeitungsvorgänge dienen im Allgemeinen nur zur Aufwertung von Dokumenten in einem bestimmten Kontext und setzen erhebliche Mehrarbeit voraus. Diese Fälle sprengen den Rahmen der Erhaltung des Kulturerbes, sodass andere Prinzipien zum Tragen kommen. Digital restaurierte Kopien müssen in der Datenbank als separate Dokumente erfasst werden.

Letzte Anpassung: Juli 2021


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