Home / post / Mitteilungen / «Tatort Bundeshaus» oder wie unsere Präsidentin den Umgang mit audiovisuellen Medien erlebte
50 Jahre #Frauenstimmrecht

«Tatort Bundeshaus» oder wie unsere Präsidentin den Umgang mit audiovisuellen Medien erlebte
50 Jahre #Frauenstimmrecht

Memoriav-Präsidentin Christine Egerszegi-Obrist gehört zu den Frauen, welche die Schweizer Politik geprägt haben: Nationalrätin, Nationalratspräsidentin, erste Aargauer Ständerätin und zu Beginn ihrer Karriere Stadträtin in Mellingen (AG) sowie Grossrätin des Kantons Aargau. Die Direktorin von Memoriav, Cécile Vilas, nimmt den 50. Jahrestag der erfolgreichen Abstimmung über das Frauenstimmrecht zum Anlass, um sie über den Umgang mit audiovisuellen Medien zu befragen.

Christine, was sind deine Erfahrungen rund um die audiovisuellen Medien Foto, Ton/Radio, Video/TV?
Meine erste Medienerfahrung 1995 als neu gewählte Nationalrätin war mir eher peinlich. Die erste Foto kam unter dem Titel «Tatort Bundeshaus» im Bund. Es zeigte mich stehend neben meiner Genfer Kollegin Françoise Saudan, die mir den Rocksaum näht. Ich hatte an einem Faden gezogen….. Ich war ein absolutes Mediengreenhorn. Jeder der 180 akkreditierten Medienleute war dauernd auf der Lauer nach etwas Besonderem. Das verunsicherte mich.

Ein «must» für Schweizer Politikerinnen ist der Auftritt in der Sendung «Arena». Woran erinnerst du dich speziell?
Bei meinem ersten Auftritt ging ich mit Arbeitgeberpräsident Hasler ins Studio. Auf dem Weg zog er eine zweite Krawatte aus der Tasche und fragte mich, welche besser sei. Ich war verdutzt und meinte, beide seien gut. Darauf sagte er mir, dass ich das nicht unterschätzen dürfe. Ich solle morgen in meinem Bekanntenkreis fragen, wie ich mich geschlagen hätte. Das tat ich. Die Antworten waren eindeutig: «Das Foulard war sehr gut», «die blaue Jacke machte dich bleich», «diese Bluse war neu gekauft, oder?»… Da versuchte ich während der ganzen Sendung so intelligent wie möglich aus der Wäsche zu blicken und mit Argumenten zu überzeugen. Geblieben ist schliesslich nur die Wäsche.

Werden heute Politikerinnen und Politiker von den Medien gleich dargestellt?
Die Zeiten, in denen die Kandidatinnen nach der Frisur beurteilt werden, sind zwar vorbei, aber die Medienpräsenz ist noch immer nicht ausgewogen. Das hängt klar auch damit zusammen, dass die Anzahl Frauen an der Spitze von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft geringer ist.

Audiovisuelles Kulturgut zeigt ja auch eindrücklich, wie sich die «Art des Politisierens» und der Darstellung stark verändert hat. Was fällt dir auf, wenn du Sendungen siehst oder hörst, die 20 oder 30 Jahre zurückliegen?
Die Kleidung der Frauen hat sich derjenigen der Kollegen genähert. Die ersten neu gewählten Parlamentarierinnen trugen hübsche Kleider, schöne Blusen. Ja, unvergesslich ist mir die tiefblaue Seidenbluse, die Elisabeth Kopp bei ihrer Vereidigung als erste Bundesrätin trug. Später übernahmen auch die Frauen eine Art „Businesslook“ mit Hose und Jacke.

Das Zugangsprojekt «Schweizer Filmwochenschau» (1940-1975) ist ein wichtiges Projekt, das Memoriav und die Partner Cinémathèque suisse sowie Schweizer Bundesarchiv in den letzten Jahren stark beschäftigt hat. Der Kampf um das Frauenstimmrecht wird darin immer wieder thematisiert. Hast du persönliche Erinnerungen an die Schweizer Filmwochenschau? Was sind deine Gedanken, wenn du heute Filmwochenschauen visionierst?
Die Bilder der Schweizer Filmwochenschau sind wichtige Zeitzeugen der Entwicklung des Frauenstimmrechtes. Einerseits zeigen sie das Wachsen einer unaufhaltsamen Bewegung in den Kantonen, ausgehend vor allem von den Westschweizer Kantonen. Die Filme lassen uns heute staunen über die Argumente dafür und dagegen in der damaligen Männer-Debatte. Andrerseits hält die Filmwochenschau auch die Stellung der Frau in jenen Jahren fest: Die Frauen kommen zwar ab und zu vor als umsorgende Mütter oder anpackende Helferinnen für Kranke und Flüchtlinge, aber in der offiziellen Schweiz mussten sie sich mit der Rolle als hübsche Trachtenmädchen begnügen. Dass das, nach den Kriegsjahren, in denen sie in Wirtschaft und Gesellschaft anstelle der Männer einen enormen Einsatz leisteten, nicht mehr reichte, war klar. Deshalb war das Frauenstimm- und Wahlrecht überfällig.

Die Präsidentin von Memoriav, Christine Egerszegi-Obrist. Foto: Rudolf Müller / Memoriav

Emanzipation und Wahlrecht der Frauen

Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Frauenstimmrechts in der Schweiz vom 7. Februar bietet Memoriav eine Zusammenstellung von Beiträgen, die den Blick der Schweizer Filmwochenschau auf die Emanzipation und das Stimm- und Wahlrecht der Frauen in der Schweiz präsentieren. Entdecken Sie die Spezialvitrine zu 50 Jahre Frauenstimmrecht

WordPress Themes