Die 56. Solothurner Filmtage finden vom 20. bis 27. Januar 2021 als vielseitige Online-Ausgabe statt. Die Werkschau des Schweizer Films lanciert die Sektion «Im Atelier» und vergibt mit der Auszeichnung «Opera Prima» erstmals einen Preis für den ersten Langfilm. Die «Rencontre» wird dem Tessiner Regisseur und Produzenten Villi Hermann gewidmet, das Spezialprogramm «Fokus» beschäftigt sich mit der Lage der Filmkritik. https://www.solothurnerfilmtage.ch
Würdigung wegweisendeer Filmemacherinnen
Die 56. Solothurner Filmtage würdigen die Arbeit wegweisender Filmemacherinnen nach der Einführung des Frauenstimmrechts 1971. Das Spezialprogramm «Histoires du cinéma suisse» steht 2021 ganz im Zeichen der sieben Schweizer Filmemacherinnen Lucienne Lanaz, Gertrud Pinkus, Tula Roy, Marlies Graf-Dätwyler, Isa Hesse-Rabinovitch, June Kovach und Carole Roussopoulos. Gezeigt werden zehn ihrer Filme, die im Jahrzehnt nach der Einführung des Frauenstimmrechts Schweizer Filmgeschichte schrieben. Zum Programm gehört dank einer erstmaligen Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Nationalmuseum auch ein Fokustag im Rahmen der Ausstellung «Frauen.Rechte», die im März 2021 in Zürich eröffnet wird.
Zum Filmprogramm
Die junge Walliser Filmemacherin Carole Roussopoulos (1945-2009) interviewt die frischgebackene Nationalrätin Garielle Nanchen in ihrem Heimatkanton («Gabrielle Nanchen», 1971). Tula Roy nähert sich mit dokumentarischen Mitteln dem gesellschaftlichen Wertesystem der 1970er-Jahre an («Lady Shiva oder Die bezahlten nur meine Zeit», 1974 und «Jugend und Sexualität», 1975) und June Kovach (1932-2010)
beschäftigt sich in «Wer einmal lügt oder Viktor und die Erziehung» (1974) mit dem Thema Erziehung. Die im Februar 2020 verstorbene Marlies Graf-Dätwyler gibt in ihrem ersten Langfilm «Die Bauern von Mahembe» Einblick in ein Dorf in Tansania und erzählt, wie die Kultur der Dorfgemeinschaft durch den globalen Rohstoffhandel erschüttert wird. Ebenso politisch ist auch ihr Film «Behinderte Liebe» (1979), der vier Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung eine Stimme gibt. Gertrud Pinkus realisiert 1980 mit «Il valore della donna è il suo silenzio» ihren ersten langen Spielfilm, eine Geschichte über Emigration und Desillusion. Die Film-Oper «Sirenen-Eiland» (1981) von Isa Hesse-Rabinovich (1917-2002) steht für formale Offenheit, assoziatives Erzählen, kühne Montage und «das weibliche Prinzip». Teil des «Histoires»-Programms sind ausserdem die Kollektivarbeit «Cinéjournal au féminin» (1980), für die unter anderem Lucienne Lanaz als Co-Regisseurin und Produzentin verantwortlich zeichnet, und «Maso et Miso vont en bateau» (1976) des feministischen Videokollektivs Les Insoumuses, dem Carole Roussopoulos angehörte.
Alle Filme werden online zugänglich sein. Sie wurden einerseits in Zusammenarbeit mit der Cinémathèque suisse und dem Lichtspiel in Bern und andererseits von der Edition filmo, einer Initiative der Solothurner Filmtage, digitalisiert. «Behinderte Liebe» und «Il valore della donna è il suo silenzio» wurden in den vergangenen Monaten mit filmo digitalisiert. Neu in den filmo-Katalog aufgenommen wird ebenso Tula Roys Trilogie «Eine andere Geschichte» aus dem Jahre 1991, in der die Filmemacherin den Kampf der Frauen um ihre Rechte in der Schweiz zwischen 1910 und 1991 darstellt. Die digitale Uraufführung der von filmo restaurierten Fassungen findet im Rahmen der 56. Solothurner Filmtage statt. Die Cinémathèque Suisse, Partner des filmhistorischen Programms, hat die Filme «Lady Shiva oder Die bezahlten nur meine Zeit» und «Jugend und Sexualität» von Tula Roy sowie Marlies Grafs «Die Bauern von Mahembe» digital erschlossen, das Lichtspiel in Bern zeichnet für die digitale Restaurierung der Kollektivarbeit «Cinéjournal au féminin». Das Werk von Carole Roussopoulos wurde mit Unterstützung von Memoriav digitalisiert. Zum Programm Histoires du cinéma suisse